Samstag, 6. September 2025

Lila Laune

Es ist September und der Sommer damit größtenteils vorbei. Zeit, eine Bilanz zu ziehen. Der April und Mai waren viel zu trocken, den Juni und Juli fanden der Garten und ich dank ein wenig Regen einigermaßen erträglich, der August aber hatte es dann wieder in sich. Es war schrecklich heiß und das Gewitter, das wie ein Paukenschlag die Hitze beenden sollte, streifte uns nur mit wenigen, sehr großen Regentropfen, die aber nicht gereicht haben die Dürre zu beenden - und dann wurde es bald schon wieder heiß. Der August war schrecklich, am Ende alles trocken, die Regentonnen und meine Batterien leer - ich hatte einfach keine Lust mehr auf Sommer.

Selbst die robuste Bibernell-Rose hatte wohl solche Existenzängste bekommen ganz ohne Wasser, dass sie im August noch einmal blühte. Die Wilde Karde gab auch vorzeitig auf und war dieses Jahr nicht annähernd so groß wie letztes.




Der Garten ribbelte an allen Enden, vieles welkte, doch eine Staude brillierte weiterhin und blühte monatelang ohne Pause und ohne Regen: Der Kaukasus-Gamander (Teucrium hircanicum), eine extrem trockenheitsverträgliche Staude mit lila Blütenkerzen, die unermüdlich erscheinen. An ihr kann man getrost mit der Gießkanne vorbeigehen, denn:

Alles welkt und knickt und bricht, nur diese eine Pflanze nicht!

Am 23. August sah der Kaukasus-Gamander so aus. Ein bisschen gebeutelt zwar, aber grün und blühend - und da sind sogar noch eine ganz neue Blütenkerzen in Arbeit!

Die Art ist von der Türkei bis in den Iran verbreitet und wächst dort in Wäldern, Gebüschen und auf Wiesen. Daher kommt auch ihre Toleranz für Halbschatten. Sogar unter den Fittichen vom Echten Alant wächst bei mir eine Pflanze bei recht wenig direkter Sonne - obwohl man sagen muss, dass seine Selbstaussaat ihn eher in Richtung Sonne treibt und er durch andere Stauden verschattete Plätze auch mal räumt.

Ich habe diesen Gamander vor Jahren als Samen erhalten und seitdem wächst er in meinem Garten. Er ist eine treue Seele, sät sich wirklich prima selbst aus und man kann nach Herzenslust weitere Exemplare in den Beeten verteilen - auch, um seine Standortamplitude zu testen. In jedem Fall ist er vollkommen winterhart.

Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis in den Oktober. Man ist immer versucht, verblühte Kerzen abzuschneiden, aber dann bringt man die Schillerwanzen um ihre Samennahrung.

Am Laub leben Zikaden und auch Blütengäste gibt es immer reichlich, nicht nur Honigbienen und Hummeln. Diese Baby-Dickfühlerweichwanze kann es anscheinend kaum erwarten, dass sich die Blüten öffnen:

Eine Graue Breitfuß-Schwebfliege (Platycheirus albimanus) und eine Schillerwanze:


Ein Männchen der Wald-Pelzbiene (Anthophora furcata). Auch das Weibchen hat an der Pflanze schon Pollen gesammelt, was ein Erstnachweis wäre, wenn mir nur ein Foto gelungen wäre.


Die Totholze-Blattschneiderbiene zeigt hier ihre zweifarbige Bauchbürste. Da diese also gut zu erkennen ist, trinkt sie wohl nur Nektar. Sonst wäre sie ganz gelb vor lauter Pollen.



Ein Männchen der Gewöhnlichen Schmalbiene (Lasioglossum calceatum) - das Rot auf seinem Hinterleib beißt sich etwas mit dem Lila der Blüten:

Eine Silberschuppen-Rundstirnmotte (Prochoreutis sehestediana) mit ihren dezenten blauen Punkten auf den Flügeln sitzt hier auf dem immer etwas runzligen Laub. Die Raupen fressen an Helmkraut, das gleich daneben wächst - ob sie vielleicht doch auch am Gamander Eier ablegt?

Der Kaukasus-Gamander kann den in der Gartengestaltung schon inflationär verwendeten Steppen-Salbei ergänzen oder ersetzen. Alles in allem ist er eine recht stabile Staude, die immer wacker aufrecht steht und sich so schnell durch nichts umwerfen lässt. Nicht mal durch wochenlange Dürre und Hitze - und erst recht nicht durch Schnecken!


Samstag, 30. August 2025

Die Namen der Wanzen

Bei Schmetterlingen war es schon lange üblich, ihnen angenehm klingende und leicht zu merkende Trivialnamen zu geben. Sie werden nicht immer einfach nur nach ihrer Futterpflanze benannt, wie der Distelfalter, sondern genauso oft nach ihrer Zeichnung, wie Admiral, C-Falter oder Gammaeule. Andere bekamen sogar richtig schöne Namen verpasst, wie die Wiesenvögelchen oder das Waldbrettspiel.

Da hatten die Wanzen schon immer das Nachsehen. Meistens haben sie nicht mal einen prosaischen deutschen Namen bekommen, sondern einfach mal: Gar keinen! Der wissenschaftliche musste lange Zeit reichen, und der ist nun mal nicht so leicht zu merken und macht das Tier auch nicht gerade zugänglich oder sympathisch. Doch damit ist nun zum Glück Schluss!

Wer hat damit wohl angefangen? Und wie kamen die Namen zustande? Ich stelle mir das als einen lustigen Abend mit Diashow vor, wo unter viel Gelächter die besten Namen ausgewählt werden.

Vom Farn-Wichtel hatte ich schon berichtet, aber es gibt noch mehr. Hier der Unbeständige Schmalhans  (Dicyphus errans), der oft im Garten auftaucht und aussieht, als bräuchte er mal mehr zu essen. Schmalhans trifft es also ganz gut - und man darf annehmen, dass der Namensgeber schon älter ist, denn das Wort Schmalhans ist doch schon sehr in Vergessenheit geraten. Gut, das macht die Wanze dann vielleicht für unter 20jährige nicht so zugänglich wie für uns ältere Semester.

Die dünne Wanze saugt an Insekten und vertilgt gern Blattläuse.

Doch was wäre der Unbeständige ohne eine ganze bucklige Verwandtschaft? Daher gibt es auch noch den Kahlen Schmalhans (Dicyphus pallicornis) und den Langen Schmalhans (Dicyphus pallidus).




Auch die Sichelwanzen, allesamt kleine Räuber, haben einprägsame Namen bekommen. Hier der Langhorn-Buschräuber (Himacerus apterus), der in Gärten zuhause ist und dort anderen Insekten nachstellt.



Das ist hier ist eine andere Sichelwanze, der Landräuber (Nabis rugosus), früher einfach Braune Sichelwanze genannt.

Einer Ameise ähnelt die Ameisen-Sichelwanze (Himacerus mirmicoides), die neuerdings Kurzhorn-Buschräuber genannt wird, was ich aber weniger einprägsam finde als Ameisen-Sichelwanze. Hier ein etwas schüchternes Jungtier, das sich in einem trockenen Blatt versteckt:


Dann hätten wir noch die Helle Krummnase (Oncotylus punctipes), eine Wiesenwanze. Nicht ganz so ein schmeichelhafter Name, aber immerhin überhaupt einer.


Einige Fruchtwanzen wurden neuerdings in Enak umbenannt - wer oder was ist bitte ein Enak? Hier eine unbekannte Enak-Nymphe, die farbenprächtig auf einer Distel sitzt - wie gemalt!


Die Nördliche Fruchtwanze (Carpocoris fuscispinus) ist nun als Gelber Enak bekannt. Sie ist eine sehr häufige Wanze, die gern auf Samenständen herumsitzt.



Das ist der Verkannte Enak (Carpocoris purpureipennis), früher Purpur-Fruchtwanze genannt:

Und das hier ist der/die/das Plink (Notostira elongata), früher unter dem prosaischen Namen Grasweichwanze bekannt:


Bei anderen Arten änderte sich gar nichts am Namen - denn welcher könnte hier treffender sein als eben Schillerwanze?


Damit sie nicht so ganz ohne Umbenennung auskommen muss, hat sich bei ihr zur Abwechslung mal der wissenschaftliche Name von Eysarcoris venustissimus zu Stagonomus venustissimus geändert. Irgendwas ist immer.

Samstag, 23. August 2025

Die Farn-Ecke

Sie blühen nicht, sie spenden keinen Schatten für den Liegestuhl und sind meist nicht mal essbar. Sie sind einfach grün. Zudem ist ihre Fortpflanzung so kompliziert wie mitunter ihre Blattform - einfach aussäen kann man sie nicht. Und doch waren sie immer wieder echte Modepflanzen: Farne. Auch gerade scheint wieder mal ihre Stunde zu schlagen.

Als hätten sie es geahnt, haben sie schon vor Jahren freiwillig mehrere Plätze in meinem Garten bezogen, vor allem der Wurmfarn. Hinzu kamen Ableger, Findelfarne und Geschenke. Gekauft habe ich jedenfalls keinen einzigen und trotzdem ist eine kleine Sammlung zustande gekommen.

Über den Garten verteilt wächst vor allem der Wurmfarn, der sich teilweise selbst angesiedelt hat. Und damit hinten links nicht immer das berüchtigte Bärlauch-Loch über den Sommer mit gähnender Leere über das Beet hereinbricht, wenn der Stinker eingezogen ist, versuche ich seit ein paar Jahren dort Farne zu versammeln. Am besten funktionieren immergrüne Arten, die schon groß genug sind, wenn der Bärlauch loslegt. Kleine sommergrüne Arten kommen dann oft nicht mehr durch und ihre Wedel sterben unter der dichten Belaubung mit Knoblauchfahne ab.

Kein Problem mit der Nachbarschaft haben der Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) 'Crispa', den ich vor zwei Jahren auf der Staudenbörse in Gütersloh ergattern konnte.






Letztes Jahr kam ein Rotschleierfarn (Dryopteris erythrosora) aus Bremen hinzu. Während die Hirschzunge mit farnuntypischen Blättern punktet, ist diese Art einfach sagenhaft schön mit ihrem roten Neuaustrieb.


Aus Susannas Garten bekam ich den Pfau unter den Farnen, den buntesten unter der in dem Beet nicht vorhandenen Sonne: Den einmalig schönen Japanischen Regenbogenfarn (Athyrium nipponicum) 'Metallicum' – dem muss ich den Bärlauch immer ein bisschen vom bunten Hals halten, aber dann schafft er es auch durchzukommen.

Ich bewundere meine Farnfreunde gerne und schaue ihnen manchmal unter den Rock, denn auch ihre Sporenbehälter sind einmalig und bei jeder Art ein bisschen anders. Als ich es dieses Jahr mal wieder nicht lassen konnte und Farnwedel wendete, entdeckte ich winzige Wanzen, die an den grünen Sporenkapseln saugten: Ich habe den Farn-Wichtel (Monalocoris filicis) im Garten!

Irgendjemand gab den Wanzen endlich mal leicht zu merkende Trivialnamen und so hat es der braune Wicht zu diesem klangvollen Namen geschafft: Farn-Wichtel ist doch wirklich treffend für diese kleinen braunen Kerlchen.

Sie sind schwer zu fotografieren und krabbeln schnell auf die andere Blattseite, wenn man zudringlich wird. Nur die erwachsenen Wichtel sind braun und haben Flügel, die Larven sind grün.

Fand ich sie anfangs noch am Wurmfarn, wurde der ihnen bald zu trocken und sie saugten stattdessen an noch grünen Sporenkapseln auf anderen Arten, vor allem am Rotschleierfarn. Die Zwerge überwintern nicht hinter den Sieben Bergen, sondern im alten Laub der Farne, weswegen man es liegen lassen sollte.

Findet ihr auf dem nächsten Bild die grüne Nymphe, also den Farn-Wichtel-Wichtel?


Am Regenbogenfarn habe ich die Wichtel noch nicht gesehen, aber die Gemeine Blumenwanze scheint alle Farne zu mögen:


Wer hätte gedacht, dass Farne nicht nur gut aussehen, sondern auch Lebensraum von Insekten sein können? Jetzt mag ich meine Farnecke noch lieber, denn sie beherbergt kleine Märchenwesen.

Samstag, 16. August 2025

Nesselblättrige Neuzugänge

Glockenblumen sind großartig!

Das finden allerdings auch die Schnecken, daher wachsen in meinem Garten eigentlich nur Pfirsichblättrige Glockenblumen unbehelligt, denen die Beete aber zu vollgestopft sind. Große, um nicht zu sagen, großartige, geradezu größenwahnsinnige, Hoffnungen habe ich mir daher wegen der Nesselblättrigen Glockenblume (Campanula trachelium) gemacht. Eine geschenkte wächst an der Terrasse so prächtig im lichten Schatten, dass ich noch mehr haben wollte - auch für die auf Glockenblumen spezialisierten Wildbienen. Die sind zwar Dank der Haare in den Blüten oft sehr schlecht zu fotografieren, aber das ergibt auch oft schöne Bilder wie mit Weichzeichner.







Manchmal begeben sich sogar sommerliche Kugelspringer auf die Blüten - das hier ist Seine Winzigkeit, der überaus entzückende Deuterosminthurus pallipes:


Auch die ein oder andere riesige Nacktschnecken habe ich an meiner bisher einzigen schon  angetroffen, doch im Großen und Ganzen wird die Pflanze ignoriert und kommt gut zur Blüte. Versamt hat sie sich aber noch nicht - vielleicht werden die Sämlinge auch gefressen?

Jetzt bekam ich noch mehr Pflanzen, die von einem Bremer Balkon stammen und dort zu groß geworden sind. Ich hörte was von rhabarbergroßen Blättern - ob sie auch als Sonnenschirm durchgingen? Drei Töpfchen habe ich bekommen, die aus Transportgründen mehr oder weniger erstmal blattlos waren.

Eines habe ich vor den Rosenbogen gepflanzt, eines weiter hinten im Garten und das dritte ist noch unverändert.

Nun begab es sich aber, dass das hintere, schattigste sofort gefressen wurde, das vordere gar nicht. Also panierte ich den Boden rund um das Opfer mit Schafwollpellets, was keine Verbesserung brachte. Jeder Neuaustrieb musste wieder dran glauben - und das, obwohl die Stelle auch die Balz-Arena eines Igelpärchens war, das mindestens durch Drauftreten eine Wirkung hätte erzielen können.


Nun hatte ich auch noch Lebermoosextrakt bekommen, der gegen Schnecken helfen soll. Man muss eine verdünnte Lösung ansetzen, nachdem man nachgeforscht hat, wieviele Teelöffel denn 5 ml sind (einer), und die Pflanzen (oder was davon übrig ist) tropfnass einsprühen.

Da ich nur einen sehr kleinen Zerstäuber aus Glas habe, war das Unterfangen recht mühsam, aber irgendwann tropften die mitleiderregenden Stängel ganz gut.

Dummerweise wusch der Regen in der Nacht aber die mühsam geduschten Blätter wieder frei von jeglichem Lebermoosextrakt. Da zeigte sich ein Dilemma: Regnet es, hält die Lösung nicht auf den Blättern, regnet es nicht, braucht man keinen Schutz vor Schnecken und der Beweis, ob die Maßnahme gewirkt hat, ist nicht zweifelsfrei zu erbringen. Jedenfalls kann ich sagen, dass der erneute Versuch der Pflanze, in Blätter zu investieren, auch mit Lebermoosextrakt vergeblich war, nach dem zweiten Mal Einsprühen gedeiht die Pflanze aber prächtig, obwohl es auch dann noch mal geregnet hatte.

Hat es also gewirkt? War es etwas ganz Anderes? Hat die arme Glockenblume mittlerweile einfach selbst dafür gesorgt, dass ihre Blätter ungenießbar wurden? Bitterstoffe einzulagern und Stickstoff aufgebraucht zu haben kann ja helfen.

Nun bin ich also gespannt, ob beide Glockenblumen nächstes Jahr blühen werden. Für die dritte wird immer noch ein strategisch günstiger Standort gesucht.

Übrigens: Wenn die Nesselblättrige Glockenblume dann zur Blüte kommt, sollte man nicht zu voreilig sein mit der Schere! Auch vollständig abgeblühte Stängel bilden gern noch einmal Blüten. So hat man beides: Samen und neuen Pollen für die Glockenblumen-Scherenbienen.


Naja, und jetzt ist es wieder so nervig trocken und heiß, dass die Schnecken gerade mal keine Probleme bereiten.