Samstag, 11. Mai 2024

Schmetterlingsblütler für Schmetterlinge - und Bienen!

Es gibt Pflanzenfamilien, die sind in Gärten ziemlich unterrepräsentiert. Rosengewächse gehören zum Beispiel nicht dazu, die sind von der Rose über die Himbeere bis zum Apfelbaum allseits gut vertreten. Auch Korbblütler haben es gut und werden hofiert. Aber was ist mit den Schmetterlingsblütlern? Obwohl sie sich sogar ganz im Untergrund nützlich machen und mit ihren Wurzeln Stickstoff fixieren, werden sie eher wenig gepflanzt. Wer Platz hat und vor allem ein stabiles Rankgerüst, pflanzt vielleicht noch Blauregen, während Goldregen etwas aus der Mode gekommen ist. Hat er einfach nur die falsche Farbe? Dann kommen noch Duftwicken dazu, obwohl Staudenwicken pflegeleichter sind, weil sie ausdauernd sind und uralt werden.

Doch was ist mit den kleinen wilden Arten? Viele sind genauso für den Steingarten geeignet wie Blaukissen, finden aber einfach den Weg nicht in die Gärten, wie Hufeisenklee oder Hornklee. Auch wieder zu gelb oder einfach zu unbekannt und vor allem nicht im Gartencenter erhältlich?

Unter den ranken Arten gibt es viele wichtige Insektenpflanzen, wie die Zaun-Wicke (Vicia sepium) oder auch die Saat-Wicke (Vicia sativa). Sie fühlen sich in der Blumenwiese genauso wohl wie am Wegrand oder vor einer Hecke. Die Zaun-Wicke kann sogar schattiger stehen.

Schmetterlinge lieben diese Arten. Der Aurorafalter holt sich hier an der Zaun-Wicke Nektar:


Wichtig sind sie aber vor allem für Hummeln und spezialisierte Wildbienen. Mit den frühblühenden Wickenarten kann man die Platterbsen-Sandbiene (Andrena lathyri) anlocken, die nicht nur oligolektisch auf Platterbsen und Wicken angewiesen ist, sondern sogar auf Blüteneinbruch spezialisiert. Der Pflanze macht das nichts, sie wird trotzdem bestäubt.






An sonnigeren Stellen findet sich vielleicht die kapitale Langhornbiene ein (Eucera spec.), bei denen die Männchen übertrieben lange Fühler habe. Die Weibchen sind eher pummelig kompakt gebaut und sicher kolossal beeindruckt von den kapitalen Männchen.



Ein Männchen:


Langhornbienen besuchen auch Hufeisenklee, wie das Männchen hier zeigt:


Practice what you preach? Würde ich gern und habe es auch schon mehrfach versucht. Ich würde im Garten gern mehr für diese Wildbienen tun, aber da haben die Schnecken was gegen. Ich schaffe es nicht mal, die Vogel-Wicke oder die Zottel-Wicke anzusiedeln, sie werden schon als Keimlinge eliminiert. Die Staudenwicke schafft es nur, weil sie so alt ist, dass sie ausreichend Kraft hat, gegen die Fressattacken anzuwachsen. Die blüht aber auch viel zu spät für Langhornbiene und Co.

Für die Frühlings-Platterbse müsste ich erst ein paar Quadratmeter Bärlauch roden. Und vieles andere. Sie ist eigentlich ideal für lichtschattige Plätze, da sie eine Waldart ist. Aber auch im Wald geht sie einem Ansturm von Bärlauch lieber aus dem Weg.

Vielleicht habt ihr ja mehr Glück mit den kleinen wilden Wicken? Die Schmetterlinge und Bienen würden es euch danken.

Samstag, 4. Mai 2024

Kaufrausch bei Kälte

Ich bin ja mittlerweile immun gegen Gartencenter. Wirklich. Ich geh da einfach nicht mehr hin. Und selbst wenn ich mal was Handfestes wie Schrauben brauche, hüpft mir nie eine Pflanze in den Einkaufswagen. Doch auf dem Wochenmarkt ist es anders, da bekomme ich einen handfesten Kaufrausch. Es liegt vielleicht daran, dass es eine Open-Air-Veranstaltung ist und man die versammelten Erzeuger der Region beisammen hat. Viele Biobetriebe sind dabei, man kauft also direkt vom Erzeuger und auch unverpackt ist sehr leicht möglich. Da kaufe ich gern Gemüse oder Käse.

Und dann steht da plötzlich eine Papiertüte am Käsestand. Da wird wohl kein Käse drin sein, dachte ich mir. Nein, das waren Schafwollpellets, sogar Bioland aus der Region. Weil es an dem Tag gerade so eisig kalt war, dachte ich mir, ich kaufe den Stauden mal schnell was Warmes zum Anziehen, damit sich auch die schamlosen Schnecken warm anziehen können.

Schafwollpellets sind ja gleich drei Dinge auf einmal: Dünger, Wasserspeicher und Schneckenschreck. Letzteres zumindest anfangs, bis die Wolle nass wird. Aber vielleicht trocknet sie irgendwann auch wieder.

Außerdem haben die Schäfer Probleme, die Wolle zu vermarkten, da kommt dieser Anwendungszweck gerade recht.

Man kann die Pellets sicher billiger bekommen, aber nicht in fahrradtauglichen Portionsgrößen. Also her damit!

Zuhause habe ich der gebeutelten Schwarznessel gleich mal einen Schal gelegt gegen die Schnecken. Den habe ich dann noch mit Minze garniert, in der Hoffnung, dass die Schleimer das nicht riechen können. Das sieht zwar jetzt ohne Schneckenbeteiligung schon aus wie ein Massaker, aber die Minze lassen sie meist unbehelligt Wuchern und sind vielleicht vom Duft abgeschreckt.


Und tatsächlich treibt da ein neues zartes Blättchen an der Schwarznessel.



Hoffentlich hilft der Schal vom Wochenmarkt! Und ich möchte bitte so langsam keinen mehr anziehen, wenn ich rausgehe...

Das Einjährige Silberblatt hat die Schneckenattacken immerhin teilweise überstanden, ist nur beim Schneefall am Sonntag etwas abgeknickt worden. 


Aber dagegen hilft auch kein Wollschal...



Samstag, 27. April 2024

Hasenglöckchen - wunderschön oder Wahnsinn?

Hasenglöckchen - das sind die blauen Blümchen, die in englischen Wäldern und Parkanlagen blaue Blütenteppiche bilden und jeden vor Bewunderung niederknien lassen. Wobei ich glaube, dass so ein Anblick auch in England nicht allgegenwärtig ist und man nicht so oft niederknien muss. Irritierend ist dann, wenn man sowas zuhause nachpflanzen möchte, und die Synchronisation bzw. Übersetzung Blue Bells mit Glockenblumen übersetzt. Und dann steht man da und sucht verzweifelt die eine Glockenblume, die so verblüffend nach Hyazinthe aussieht und so verblüffend früh blüht.

Es sind keine Glockenblumen, sondern Hyacinthoides, also Hasenglöckchen. Sie stehen der Hyazinthe nah und sind Zwiebelblumen. Es gibt das heimische Atlantische Hasenglöckchen (Hyacinthoides non-scripta), und das eingeschleppte Spanische (Hyacinthoides hispanica). Meist bekommt man das Spanische. Und dann gibt es dummerweise auch noch einen Hybriden, denn die beiden sind nah miteinander verwandt und kreuzen sich munter: Hyacinthoides hispanica × Hyacinthoides non-scripta = Hyacinthoides ×massartiana.

Egal, welches Hasenglöckchen man im Garten hat: Es mag gern frische Böden im Halbschatten und lichten Schatten. Und es vermehrt sich gut, bildet reichlich Samen und sät sich selbst aus, ist also zum Verwildern geeignet. Das lässt es sich nicht zweimal sagen, und so tauchte neulich in einer Gartenzeitschrift auch die Frage auf, wie man die Biester eindämmen kann (wer es wissen möchte: Blätter immer wieder abschneiden, Samenstände sowieso, die Zwiebeln aber sitzen meist zu tief, um sie auszugraben).


Ich habe auch Hasenglöckchen im Garten und, ja, sie sind sehr raumgreifend. Das Laub ist massiv und braucht ordentlich Platz. Die Blüten sind aber einfach umwerfend und die Pflanze wird von Schnecken kaum beachtet - Hasenfüße sind sie jedenfalls nicht! Im Gegensatz zu Traubenhyazinthen, die ich einfach nicht zum Blühen kriege, lieben Hyacinthoides meinen Garten, vermehren sich und blühen üppig. Der lichte Schatten ist genau ihr Ding. Tatsächlich kommen sie vor allem im hinteren Teil vor, wo die beiden Apfelbäume stehen.

Sie begnügen sich auch nicht damit, Blue Bells zu sein, nein, ich habe welche in Rosa und Weiß. Die ersten waren Ableger, dann verliert es sich, ich kann nicht sagen, woher die vielen Farben stammen.

So entstehen bunte Bild, wenn die kleinen Zwiebelblumen mit dem großen Ego beieinander wachsen.







Neben Akeleiblättriger Wiesenraute



Die Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) passt mit ihren Pastelltönen gut dazu und auch das Einjährige Silberblatt oder Prärielilien (Camassia) sind prima.

Auch Zwerg-Herzblumen (Dicentra formosa) passen gut, wie hier im Rombergpark, Dortmund:



Ich möchte die robusten Glöckchen jedenfalls nicht missen!

Samstag, 20. April 2024

Symbiosen im Garten und anderswo

Im Garten hat es man ständig mit Symbiosen zu tun. In luftiger Höhe wachsen Flechten an den Bäumen, die nicht nur den Baum als prima Parkplatz benutzen, sondern selbst ein Gemischtwaren-Organismus sind, da sie eine Symbiose aus Pilz und Alge darstellen. Was man häufig gar nicht sieht, denn viele sind nicht mal ansatzweise grün.

Und dann wären da noch die Pflanzen, die andere für sich einspannen, um ihre Samen zu verbreiten. Die einen kleben ein bisschen was zu Naschen an den Samen, das Elaiosom, um die Ameisen als Kurier einzuspannen. Die futtern die Leckerei weg und lassen das Samenkorn liegen. So keimt es nicht in direkter Nähe der Mutterpflanze und macht ihm keine Konkurrenz. Das ist eine echte Symbiose, wohingegen das Kletten-Labkraut Pelztiere für sich engagiert und ihnen die Samen ins Fell klebt. Das ist eine einseitige Beziehung, da sich das Tier meistens nicht über das hartnäckige Ding freut, das es schlecht wieder aus dem Fell bekommt.

Auch im ganz Kleinen gibt es Symbiosen. Regenwürmer und andere Destruenten nutzen Bodenbakterien im Darm, die ihnen dabei helfen, Lignin und Cellulose zu verdauen. Im Gegenzug bietet ihnen das Tier ein schönes feuchtes, geschütztes Milieu und eine Mitfahrgelegenheit in Gebiete, wo so eine Mikrobe von alleine nicht hinkommt. Für ein Bakterium ist ein Wurm schon ein D-Zug.

Auch Biene und Blüte bilden eine Symbiose. Das nutzt dann wiederum uns, wenn wir die Früchte der Bestäubung ernten wollen.





Manchmal versucht sich sogar die Grüne Stinkwanze im Bestäuben:


Die Bestäubung durch Insekten ist sicher die bekannteste Symbiose neben der Mykorrhiza, bei der Pilz und Pflanze sich gegenseitig fördern.

Wo man diese Beziehungen beobachten kann und welche es gibt, erklärt das Buch "Symbiosen beobachten - Feldführer für unsere Wälder, Wiesen, Äcker, Seeufer und Stadtnatur", von Andreas Gigon und Felix Stauffer, erschienen im Haupt-Verlag.


 

Das Cover macht schon Lust auf mehr.


Streifzüge durch die im Titel aufgeführten Biotope zeigen, was man wie beobachten kann. Es sind auch einseitige Beziehungen aufgeführt wie eben das Bewachsen von Ästen mit Moos oder Flechten, bei denen die Pflanze immerhin nicht geschädigt wird.

Beispiele für Blüten-Bestäuber-Beziehungen zeigen in jedem Kapitel, welche Pflanzen welche Insekten anlocken können. Oft sind die Erkenntnisse auch überraschend oder nicht so offensichtlich, wie der Hunde-Urin im Park, der das Gras wachsen lässt. Oder die Klebausbreitung von Ampfersamen, auf die ich selbst noch nie geachtet habe.

Skizzen mit einem Gesamtüberblick zeigen die Wechselwirkungen noch mal am Ende eines Kapitels. Erhellend sind auch einige Tabellen, wie die mit den Wechselwirkungen einzelner Pflanzen des Buchenwaldes - welche werden durch Insekten bestäubt, welche bedienen Mykorrhiza oder nutzen Tiere zur Samenausbreitung?

Im letzten Kapitel legen die Autoren dar, ob auch der Mensch Symbiosen mit Nutztieren oder -pflanzen eingeht. Sie sind der Meinung, dass die Wechselbeziehungen in der Forschung zu kurz kommen und eher über Fraßschäden und Konkurrenz geforscht wird. Sie stellen die Frage, ob dies eine männliche Sichtweise wäre und Frauen anders forschen? Ich ertappe mich allerdings auch oft dabei, zwar die Ameisen als Samen-Sherpas zu würdigen, aber dann doch wegen der Schnecken eher mein Augenmerk auf schädliche Einflüsse zu haben.

Das Buch regt also sehr schön zum Nachdenken an und auch zum Beobachten und Entdecken, egal, ob im Park, im Garten, auf der Wiese oder an einem Gewässer.

Samstag, 13. April 2024

Der Schneck muss weg!

Geht es auch auch so? Dank des milden Winters laufen die Nacktschnecken mal wieder Amok im Garten. Ich hatte ja bereits mein Leid geklagt, dass kaum Blüten zu sehen waren, weil Schneeglöckchen, Scillas und Narzissen feinsäuberlich und feinschmeckerisch entmannt wurden.

Und dann liegen auch noch überall abgefallene Birkenkätzchen auf den Pflanzen, die von weitem aussehen wie eine Nacktschnecke und sofort Schnappatmung bei mir hervorrufen.


Was hilft eigentlich wirklich? Kaffeeprütt habe ich jetzt in mehreren Lagen um die Schwarznessel drapiert, die dennoch einfach nicht hochkommt, weil sie jede Nacht wieder auf die Höhe einer Briefmarke zurechtgestutzt wird. Auch Schafwolle, selbst in dicken Teppichen, hatte bei mir keinen durchschlagenden Erfolg.

Dann wird immer geraten, Nützlinge zu fördern. Feuersalamander zum Beispiel fressen nicht nur Regenwürmer, sondern auch Nacktschnecken. Im Botanischen Garten haben wir zusätzlich zu Kröten und Mauereidechsen einen Bestand von mehreren Tausend Feuersalamandern, einen der größten in NRW, und trotzdem werden nächstens die wertvollen Anzuchten vernichtet. So einfach scheint es also nicht zu sein und die Gleichung viele Nützlinge = keine Schneckenplage scheint nicht aufzugehen.

Glühwürmchen habe ich sogar im Garten, aber auch die schaffen es nicht, eine Plage zu verhindern.

Dazu kommen immer neue gefräßige Arten, die eingeschleppt werden, wie die Gefleckte Weinbergschnecke oder der Gewächshausschnegel.

Der ärgste Feind der Nacktschnecken ist nun mal Frost, und der ist vom Aussterben bedroht. Dadurch kommen auch wehleidige Arten aus dem Mittelmeerraum prima über den Winter.

Jetzt fand ich sogar einige Schleimer an Wald-Ziest, Bärlauch und Gilbweiderich, was sie normalerweise nicht anfressen.

Immerhin gibt es tatsächlich Pflanzen, die sie überhaupt nicht mögen. Die Akeleiblättrige Wiesenraute zum Beispiel, die wird wie die Akelei auch komplett ignoriert, nicht mal bestiegen.



Auch das Hasenglöckchen kommt mehr oder weniger ungeschoren davon, vor allem aber kann es blühen!


Die Frühlings-Braunwurz (Scrophularia vernalis) wird ebenso verschmäht.


Der Gemüse-Ampfer schießt endlich so ins Kraut, dass zwar immer noch Anschläge auf ihn verübt werden, was sich in Löchern oder durchgebissenen Blattstielen äußert, aber im Großen und Ganzen scheint er über den Berg zu sein.



Dieser Anblick in einem Schaugarten hat mich das Fürchten gelehrt, denn so groß kann der Gemüse-Ampfer mal werden (trotzdem hat er Löcher):


Meine neue Wald-Anemone, eigentlich schneckenverträglich, hatte schon so schöne Knospen, die aber in einer Nacht- und Nebelaktion abgebissen wurden. Sie lagen daneben und es gab Schleimspuren, also war es keine Maus.


Um das Einjährige Silberblatt muss ich immer kämpfen, es kommen nur die stärksten Pflanzen zur Blüte. Die, die an ungünstigen Stellen stehen oder ein Zeichen von Schwäche zeigen, werden aufgefressen und gründlich zugeschleimt.


Neu im Garten ist der Scharfe Hahnenfuß, den ich aus dem Müll gerettet habe. Bei dem kann es noch sein, dass die Blüten dran glauben müssen. Er zeigt schon Knospen und sich auch sonst ganz dankbar für seine Rettungsaktion.


Ein echter Lichtblick ist die Gewöhnliche Erdkastanie (Bunium bulbocastanum), ein heimischer Doldenblütler mit essbaren Wurzeln, der fröhlich wächst und den die Schnecken komplett in Ruhe lassen.





Obwohl man es also schafft, einen immerhin grünen Garten zu bekommen, bin ich ehrgeiziger. Ich hätte gern Schneeglöckchenblüten und Narzissen, aber was tun außer immerzu Razzia zu machen?